Wir wollten genauer verstehen, ob top-down- den bottom-up-Vorgehen über- bzw. unterlegen sind. Dazu haben wir mit CEOs, COOs und CIOs gesprochen, sowie einschlägige GroNova-Mandate ausgewertet. Die Antworten waren kontrovers. Je nach Aufgabe und Tagesaktualität wurde die eine oder andere Vorgehen als bevorzugt hervorgehoben. Also alles möglich?
Die Auswertung konkreter Fallbeispiele zeigte allerdings, dass der jeweilige Kontext den Ausschlag gab. Dabei spielten die Faktoren „nötige Geschwindigkeit“ und „angestrebte Nachhaltigkeit“ eine entscheidende Rolle.
Bottom-up für rasche Pilotierung, Top-down für stimmigen Roll-out
Bei der Pilotierung einer – zumindest für das Unternehmen – neuen Technologie oder Herangehensweise ist bottom-up erfolgsversprechender, weil rasch Ergebnisse vorliegen und die strategische Verankerung im Unternehmen zunächst unwichtig ist. Beim Roll-out dagegen muss jede Neuerung nachhaltig im Unternehmen verankert werden.
Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass sich unterschiedliche Geschäfts-, Prozess- oder Organisationsmodelle nicht im Wege stehen oder gar kannibalisieren. Demzufolge soll top-down vorgegangen und aus der Strategie abgeleitet werden.
Unser Tipp
Pilotieren sie bottom-up, implementieren Sie top-down.
Damit verhindern Sie, dass die Organisation wegen Wildwuchs aus allen Nähten platzt.
GroNova unterstützt Sie gerne in beiden Fällen.
Ihr Andreas Suter
PS.: Zum Thema „Management komplexer Vorhaben“ führen wir eintägige Weiterbildungsseminare durch:
22.06.2020 im Seedamm Plaza in Pfäffikon (durchgeführt durch ZfU)
26.06.2020 im Hotel Sedartis in Thalwil
06.11.2020 im Hotel Sedartis in Thalwil
16.11.2020 im Seedamm Plaza in Pfäffikon (durchgeführt durch ZfU)
Das Seminar vermittelt nicht nur die Fallstricke bei komplexen Vorhaben, sondern versorgt Sie mit einem Bündel an Tools und Tipps, ein solches Vorhaben richtig aufzusetzen und erfolgreich zu beenden. Für weitere Details können Sie sich gerne an mich wenden.
Alle Seminare bieten wir gerne auch als Inhouse-Variante an. Fragen Sie uns einfach danach.
Wissensbox: Das passende Vorgehen für interne Vorhaben
Top-down-Ansatz ist ein marktorientiertes Vorgehen das die kundenorientierte „Nutzenwelt“ mit der Strategie und Organisation des Unternehmens verbindet – und zwar vom Groben bis ins Detail (siehe Abbildung 1). Bottom-up-Ansatz ist ein technologie- oder konzeptgetriebenes Vorgehen und eignet sich vor allem dazu, als Unternehmen erste Erfahrungen mit einer bestimmten Technologie zu sammeln. Der grobe Aufwand und Nutzen sind zwar versprochen, aber noch nicht wirklich nachgewiesen. Der explorative Charakter erfordert allerdings, dass die Umsetzung in einem ausgewählten Teilbereich des Unternehmens erfolgt, sozusagen im überschaubaren „Kleinunternehmen“ mit noch wenig strukturierten Prozessen und Strukturen. In einem solchen Bereich lassen sich hinderliche Randbedingungen eliminieren und tatsächliche Kosten und Nutzen eruieren. Hinzu kommt, dass sich die optimale Konfiguration von Technologie, Marktleistung, Marktauftritt usw. mit geringem Aufwand bestimmen lässt (siehe Abbildung 2). |
Abbildung 1: Top-down-Ansatz mit kundenorientiertem Nutzen als Ausgangspunkt für den Roll-out
Abbildung 2: Bottom-up-Ansatz mit der Technologie oder dem Lösungskonzept als Ausgangspunkt für die Pilotierung
Im Buch „Die Wertschöpfungsmaschine – Prozesse und Organisation aus der Strategie ableiten“, (2. Überarbeitete und erweiterte Auflage) erschienen im Hanser-Verlag, finden Sie die Anleitung, wieerfolgreich top-down vorgegangen wird.
Praxisbeispiel im Fokus
Mit dem passenden Servicekonzept die Marktführerschaft gesichert
Branche: Mittelstandsunternehmen mit rund 1‘600 Mitarbeitern, davon 270 im After-Sales-Service
Ausgangslage und Handlungsbedarf: Negatives Feedback für Serviceleistung
In der von einer externen Firma durchgeführten Kundenbefragung erhielt der Lieferant von gewerblichen Reinigungsgeräten schlechte Noten für dessen Serviceleistungen. Vor allem wichtige Grosskunden kritisierten lange Reaktionszeiten und die daraus resultierenden Ausfallstandzeiten.
Der After-Sales-Service wurde von sieben regionalen Zentren erbracht, welche als Profit-Center organisiert waren und vom Stammhaus weitgehend selbständig agierten. Jedes dieser Servicezentren optimierte das Servicegeschäft auf seine Weise; ein gemeinsames Verständnis zu Servicegrad oder Reaktionszeiten fehlte, nicht einmal eine einheitliche Ersatzteilstrategie bestand.
Auftrag: „Best-of-class“-Servicekonzept
GroNova wurde von der Unternehmensleitung beauftragt, mit einem langjährig erfahrenen Interim-Manager und Service-Geschäft-Experten, ein „Best-of-class“-Servicekonzept zu erarbeiten und umzusetzen. Es sollte den steigenden Kundenanforderungen gerecht werden und das Unternehmen unterstützen, die Marktführerschaft zu erhalten.
Nach einigen Gesprächen des GroNova-Experten mit Schlüsselleuten im Service sowie einigen besonders kritischen Kunden war klar, dass der Knackpunkt die bestehende Regionenstruktur war. Denn gerade Kunden, welche aufgrund ihrer geografischen Vernetzung mit mehreren Regionen in Kontakt kamen, beklagten sich über wechselnde Ansprechpartner und inakzeptable Qualität im Service.
Der GroNova-Manager schlug daraufhin eine Neuorganisation des Servicegeschäfts vor, welche sowohl in der Zentralisierung als auch Dezentralisierung bestand: Ähnlich einer Taxiszentrale sollte das Einsatz-Dispatching mit Ferndiagnose zentralisiert werden, damit konnte ein kompetenter 24h-Betrieb über 7 Tage die Woche etabliert werden. Die Servicetechniker wurden wie Taxis als mobile Umsetzer von Serviceaufträgen ausgerüstet. Je nach aktueller Verfügbarkeit und geografischer Nähe zum Kunden wurden sie zum konkreten Serviceeinsatz gerufen und mit ersten Informationen zur Befundung versorgt. Der gleichen Logik folgend, sollte das Ersatzteilmanagement zentralisiert werden. Die Ersatzteile wären demnach auf verteilten Stützpunkten abholbar, aber zentral disponiert. Infolgedessen konnte für das Servicegeschäft die Regionenstruktur aufgegeben werden. Dem Unternehmen erschien zunächst der Vorschlag als „zu radikal“.
Lösung: Nachweis der Machbarkeit mittels einer Pilotierung
Der GroNova-Manager schlug eine Pilotierung der wesentlichen Komponenten des neuen Konzepts vor. Im Stammhaus befand sich auch der Sitz einer Service-Region. Diese verfügte schon über viele der Konzeptkomponenten. Die Präsenz der Einsatzzentrale musste noch auf 24/7 ausgedehnt werden. Auch das zentrale Technikerteam für den 2nd-Level-Support war vorhanden, doch die durchgängige Abrufbarkeit des Piketdienstes musste noch sichergestellt werden. In der Region gab es auch schon zwei Stützpunkte, welche die dezentrale Verfügbarkeit von Ersatzteilen und -geräten gewährleisten konnte. Mit einem besonders kritischen Kunden, einer landesweit tätigen Spitalgruppe wurde vereinbart, das neue Konzept während rund vier Monaten zu testen.
Fazit: bottom-up im Kleinen, top-down für das Ganze
Mit der bottom-up-Pilotierung wurde Machbarkeit und Zweckmässigkeit erfolgreich nachgewiesen, die flächendeckende Umsetzung stand noch bevor. Dazu waren vom Groben bis ins Detail die administrativen Prozesse, die unterstützenden IT-Systeme und die Organisation im Servicebereich nach der neuen Logik festzulegen. In einem strukturierten top-down-Vorgehen wurden absichtlich viele Mitarbeiter beteiligt.
Damit konnten die Veränderungen auf eine breite Basis gestellt und die Ängste vor veränderten Aufgaben, angepassten Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten genommen werden. Der Roll-out wurde gestaffelt: zuerst wurden die landesweiten Grosskunden, anschliessend im Zweimonatstakt die regionalen Kunden von der Zentrale übernommen und die Regionen zu logistischen Stützpunkten umgebaut.
Für weitergehende Informationen und bei konkretem Handlungsbedarf stehen wir Ihnen gerne unter +41 41 727 04 70 zur Verfügung.